Mittwoch, 8. Oktober 2014

Aid el- Kebir

...Und Ibrahim sprach: "Seht, ich gehe zu meinem Herrn, Der mich rechtleiten wird.
Mein Herr, gewähre mir einen rechtschaffenen Sohn"
Dann gaben Wir ihm die frohe Botschaft von einem sanftmütigen Sohn.
Als dieser alt genug war, um mit ihm zu arbeiten, sagte Ibrahim: "O mein Sohn, ich sah im Traum, dass ich dich schlachte. Nun schau, was meinst du dazu?" Sein Sohn erwidertee: "O mein Vater, tu, wie dir befohlen wird; du sollst mich - so Allah will - unter den Geduldigen finden."
Als sie sich beide Allahs Willen ergeben hatten und Ibrahim seinen Sohn mit der Stirn auf den Boden niedergelegt hatte ,
da riefen Wir ihm zu: "O Ibrahim ,
du hast bereits das Traumgesicht erfüllt."
So belohnen Wir die, die Gutes tun.

Wahrlich, das ist offenkundig eine schwere Prüfung.
Und Wir lösten ihn durch ein großes Schlachttier aus.
Und Wir bewahrten seinen Namen unter den künftigen Geschlechtern.
Friede sei auf Ibrahim!
-Koran, Sure 37-

Das Opferfest Aid el- Kebir ist das höchste islamische Fest und wird zum Höhepunkt des Haddsch, welches die Wallfahrt nach Mekka ist, gefeiert. Aufgrund des islamischen Mondkalenders kann das Fest zur jeder Jahreszeit stattfinden. Dieses Jahr wurde es vom 5. Oktober bis zum 7. Oktober gefeiert.
Während Aid el- Kebir gedenkt man an den Propheten Ibrahim, welcher der Überlieferung nach, die göttliche Probe bestanden hatte, da er bereit war, seinen Sohn Ismael Allah zu opfern. Als Allah dieses Gottesvertrauen sah, gebot er ihm Einhalt und ersetzte Ismael durch einen Widder, den Ibrahim und sein Sohn daraufhin in voller Dankbarkeit opferten.

Alle gläubigen Muslime opfern zur Feier des Tages ein Tier, sofern sie es sich leisten können. Brauch ist es, das Fleisch an Arme und Hungrige zu verteilen und außerdem Familienmitgliedern und guten Freunden die besten Wünsche für die Festtage auszusprechen und auch mit ihnen das Fleisch zu teilen.
Am Morgen des Opferfest wird die Moschee besucht, um dort das gemeinsame Gebet dieses Festtages zu halten. Nach der Moschee, folgt oft noch ein Friedhofsbesuch, um seiner verstorbenen Verwandten und Freunden zu gedenken. Während des restlichen Tages wird die Verwandtschaft besucht, um dann gemeinsam in einer Runde diverse Gerichte und Getränke zu teilen.

Zu meiner großen Freude durfte ich dieses besondere Fest gleich mit zwei Familien verbringen.
Am Sonntag, den 5. Oktober, wurde ich morgens von einem Freund abgeholt. Wir sind zu ihm nach Hause gelaufen, wo ich herzlich von seiner Familie empfangen wurde. Nach einem sehr üppigen Frühstück, wurde es dann langsam ernst. Der Vater der Familie, die drei Kinder und ich machten uns auf den Weg, um das Ritual zu beginnen. Zu meiner großen Überraschung war dieser Weg allerdings gar nicht so lang, wie ich anfangs dachte. Unser Ziel war nämlich kein großer Platz, auf dem ein gemeinsames Opfern stattfinden würde (so hatte ich mir das eigentlich ausgemalt), nein, wir stiegen lediglich ein paar Stufen empor und ich fand mich auf der Dachterasse des Hauses wieder, wo auch schon das Schaf auf uns wartete. Dann ging alles ganz schnell; ehe ich mich versah, wurde dem Schaf auch schon vom Vater der Familie (es ist Tradition, dass der Mann der Familie diese Aufgabe übernimmt) die Halsschlagader aufgeschnitten. Ich glaubte bis dato, dass vor dem Opfern noch ein ausführliches Gebet erfolgt, aber das wurde wahrscheinlich schon am Morgen in der Mosche gehalten.
Nach dem Schnitt am Hals, wartet man, bis das Tier ausgeblutet hat. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, dass man nicht den ganzen Kopf des Tieres vom Körper trennt. So bleiben die Nervenbahnen erhalten. Das ist deshalb wichtig, da so, das Gehirn dem restlichen Körper und den Organen die Information zuspielen kann, dass es nicht mehr optimal mit Blut versorgt wird. Was hat dies zur Folge? Alle Organe, insbesondere das Herz, tun alles dafür, dass Blut in das Gehirn gepumpt wird. Da aber der Hals offenliegt, stömt das Blut aus dem Körper und das Resultat ist ein blutleerer und von Schadstoffen gereinigter Körper. Anschließend wird das Tier gehäutet und ausgenommen.
Zu meiner großen Überraschung ging es mir über die komplette Prozedur hinweg gut. Ich empfand es als ganz normal und natürlich. Und als ich mich später am Tag und auch noch an den darauffolgenden Tagen mit dem Gesehenen und Erlebten auseinandergesetzt habe, bin ich zum Entschluss gekommen, das dieses Opfern um einiges humaner verläuft, als die Massenschlachtungen in den westlichen Ländern.
Den restlichen Tag über saß ich mit der Familie in gemütlicher Teerunde und wir haben uns, so weit es die Sprachkenntnisse auf beiden Seiten zugelassen haben, nett unterhalten. Ich habe von meinem Leben in Deutschand erzählt und sie haben mir nochmal den Hintergrund des Festes nahegelegt. Am Abend gab es schließlich ein herrliches Couscous. So ging also ein wunderbarer Tag im Kreise einer sehr liebenswerten Familie zu Ende.
Von der einen Familie ging es für mich, am Dienstag, gleich zur nächsten marokkanischen Familie.
Diesmal war ich meiner Nachbarin, bei welcher ich regemäßig einkaufe, zu Mittag eingeladen. Nach und nach sind dort immer mehr Menschen eingetrudelt, sodass am Ende ganze vier Familien und meine Wenigkeit vereint waren. Und dann wurde aufgetischt! Ganze vier Hauptspeisen wurden serviert, da jede Familie eine mitgebracht hatte. Aus meiner Einladung zum Mittagessen wurde also ein vierstündiges Festmahl, an dessen Ende ich erneut für den Abend eingeladen wurde. Nach einer zweistündigen Erholungsphase bei mir Zuhause, machte ich mich also noch einmal auf den Weg, um  für gute dreieinhalb Stunden zu dinieren. Erschöpft, aber glücklich bin ich dann gegen halb eins in der Nacht, mit meinem vollen Bauch, in mein Bett gefallen.

Das war also meine Erfahrung mit dem Opferfest Aid el- Kebir, woran ich mich wahrscheinlich immer erinnern werde. Ich hatte ein sehr spannendes, interessantes und schönes Wochenende. Im Kreise dieser zwei Familien habe ich mich sehr geborgen und umsorgt gefühlt, was wahrscheinlich daran liegt, dass dieses Fest für die Muslime wie unser Weihnachten ist. Die Familie kommt zusammen, es wird zusammen gegessen und die Atmosphäre ist sehr heiter und liebvoll. Ich bin überglücklich, dieses Fest mit Marokkanern verbracht zu haben; so habe ich wieder tiefer in die Kultur eintauchen können.
Ich hoffe, ich habe auch Euch Einblicke in das Fest geben können und zeigen können, dass viel mehr dazu gehört, als einfach nur ein Schaf zu opfern, und dass selbst dieses Opfern weniger schlimm ist, als man sich das immer vorstellt.

Dann also bis zum nächsten mal.
Liebe Grüße,

Belize



links: der Vater der Familie




Ich in traditioneller Djellaba und auf marokkanische Art und Weise Tee einschenkend


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