Samstag, 20. Juni 2015

Tag 3 (Sa, 20.06.2015)

Die ersten zwei Tage sind rum und ich bin wirklich überrascht, wie leicht mir das doch fällt, den Tag über nichts zu essen und vorallem nichts zu trinken; selbst nachdem ich gestern mit den Kindern surfen war.
Zu Mirjams und meiner Freude, waren wir gestern auch schon gleich zum Fdor Frühstück, Fastenbrechen, eingeladen. Und nichts geht über eine Einladung bei Marokkanern.
Zusammen mit der Familie saßen wir am runden Tisch und haben darauf gewartet, den Ruf des Muezzin zu vernehmen. Als er dann schließlich ertönte, wurden die Tücher auf dem Tisch aufgedeckt und die zahlreichen Köstlichkeiten kamen zum Vorschein.
Kleine Pizzen, Speckia (süßes Gebäck; typisch im Ramadan), Pflaumen, Panini, Omlette, Brot und natürlich Datteln, mit denen wir das Fasten gebrochen haben. Jedoch gab es zunächst für jeden eine Schüssel köstliche und hausgemachte Harira.
Und, ganz wichtig, ganz viel zu Trinken!
Nach dem Essen sind wir dann in die Stadt und es stimmt wirklich, die Stadt ist voll beziehungsweise die Strandpromenade. Das, tagsüber, ausgestorbene Essaouira ist urplötzlich zum Leben erwacht und man trifft jeden, den man kennt. Und plötzlich sind alle, zumindest sehr viele, in Djellaba gekleidet; auch viele sonst so lässige und freizügige Surfer- boys, was sehr amüsant anzuschauen war.

Da ich um 00:30h nach Hause gekommen bin und ich es für Quatsch erachtet habe in zwei einhalb Stunden wieder aufzustehen, um mein letztes Mahl zu mir zu nehmen und weil ich mir nicht vorstellen konnte, in zwei Stunden wider zu essen, habe ich heute mein Shour (letzte Mahlzeit bevor das Fasten auf's Neue beginnt) ausfallen lassen. Ja, richtig, das heißt, dass ich zwischen Freitag, sagen wir so 21:00h und heute (Samstag), 19:45h nichts gegessen habe, also fast 24h.
Aber, das war heute nicht das Schwierige; der Hunger hielt sich in Grenzen. Was für mich wirklich unaushaltbar war, war, dass ich nichts mit meiner Zeit anzufangen wusste. Stellt Euch vor es ist Wochenende, es ist der perfekte Tag; die Sonne scheint, es ist warm, das Meer ist ruhig und Ihr habt nichts zu erledigen. Aber was machen, wenn man den Tag nicht nutzen kann, indem man sich in Cafés setzt, frischgepressten Orangensaft trinkt, hier mal ein Eis schleckt und da mal ein Stück Kuchen genießt oder einfach aus Langeweile nascht und wegen der Hitze einen Schluck Wasser trinkt? Mit dem Wissen aufzustehen, dass ich davon nichts machen kann, war schrecklich. Deshalb bin ich auch bis 13:30h in meinem Bett liegen geblieben, in der Hoffnung so gehe der Tag schneller rum. Habe mich dann aber doch dazu aufgerafft, aufzustehen, weil mich die Vorstellung, den ganzen Tag im Bett rumzulungern, nur weil ich nicht essen und trinken darf, irgendwann frustriert und zornig gemacht hat. Meine erste Handlung, ich habe erstmal gründlich aufgeräumt; meinen Schrank ausgemistet, Löcher genäht, gefegt und abgespült. Und so war es dann auch schon 16:00h. Anschließend bin ich in die Stadt gegangen, um mein Shour für heute einzukaufen und bin dann in den Surfclub gelaufen, um mich da einfach ein bisschen hinzusetzen und bin schließlich um viertel nach sechs joggen gegangen. Ja, ganz Recht, Sport kann man nämlich selbst dann machen, wenn man nichts gegessen und getrunken hat und man selbst hinterher nichts trinken darf; es ist natürlich noch anstrengender als es ohnehin schon ist, aber wie Sport selbst ist Ramadan eigentlich nur Kopfsache, man ist verblüfft, wie viel der eigene Körper leisten beziehungsweise aushalten kann.
Anschließend in die Dusche gehüpft und danach der nächsten Einladung nachgegangen.
Ebenfalls ein sehr schöner und lustiger Abend im Kreise marokkanischer Freunde.
Es wurde gut gegessen, ausreichend (und endlich!) getrunken und viel gelacht.
(In solchen Momenten werde ich in letzter Zeit nachdenklich und ein bisschen melancholisch, weil ich dieses Land mit meinen neugewonnen Freunden und so auch schöne und lustige Momente erlebend schon ganz bald verlassen muss.)

Jetzt liege ich hier in meinem Bett und habe meinen "Shour- Wecker" AUSgestellt. Warum?
Ich darf die nächsten fünf bis sechs Tage nicht fasten. Ihr erinnert Euch; wer darf wann NICHT fasten? ...endlich mal etwas positives an diesen speziellen Tagen im Leben einer Frau ;)
Dann darf ich morgen ein schönes Frühstück genießen und am Nachmittag mein geliebtes Eis schlecken. Arme Mirjam!

Gute Nacht und liebste Grüße,
Belize

p.s.: Habe ich eigentlich erwähnt, dass extra für Ramadan die Uhr umgestellt wird, nur damit man früher das Fasten brechen darf? (Sind jetzt zwei Stunden früher dran als in Deutschland)
Man kann sich darüber streiten, ob das clever oder auch einfach nur ein bisschen lächerlich ist ;)

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